Auszeichnung für das Brennstoffzellen-Projekt der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG): Die französische Fachzeitschrift „Ville, Rail & Transports“ hat dem Wasserstoffzug den „Grands Prix des Régions“ in der Kategorie „Europa“ verliehen. Ville, Rail & Transports ist nach eigenen Angaben das führende französische Magazin für Verkehr und Mobilität.

Herausgeber Vincent Lalu begründete in seiner Laudatio: „Wir verleihen erstmals auch einen Preis für Projekte in Europa. Und er ist für eine große Premiere: Die LNVG bekommt ihn, weil der erste Brennstoffzellen-Zug im echten Betrieb erfolgreich in Niedersachsen getestet wurde.“

Im September 2018 waren zwei Testzüge des Herstellers Alstom auf dem Netz der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (evb) gestartet. Wasserstoff als Energieträger hat sich im 18-monatigen Probebetrieb bewährt, kein Zug blieb liegen.

LNVG-Geschäftsführerin Carmen Schwabl reagierte erfreut und dankbar auf die Auszeichnung der Fachzeitschrift. „Dieses Projekt ist eine Weltpremiere. Nicht in Paris oder Berlin, sondern in Niedersachsen, rund um Bremervörde mit seinen 20.000 Einwohnern.“ Die Vorgeschichte ist ungewöhnlich. Die Idee stammt nicht von der Bahn-Industrie, sondern der LNVG. Schwabl: „Wir wollten Stillstand durchbrechen! In Deutschland wird ja schon lange über die Energiewende gesprochen. Wir hatten aber den Eindruck, dass im Schienenpersonennahverkehr niemand wirklich ein Projekt begonnen hatte, um Alternativen zum Dieselantrieb zu finden. Deshalb sind wir mit der Initiative, Wasserstoff einzusetzen, auf die Industrie zugegangen. Unser Ziel war eine echte Alternative zum Diesel zu bieten, marktreif zu machen und in einem ersten Netz im täglichen Fahrgastbetrieb einzusetzen.“

Und es geht weiter: Derzeit läuft der Bau der ersten Wasserstofftankstelle für Eisenbahnfahrzeuge, denn ab 2022 soll das Netz der evb komplett auf Züge mit Brennstoffzellenantrieb umgestellt werden. 14 Coradia iLint sind bestellt. Geschäftsführerin Schwabl sagt zur Einführung der Brennstoffzellentriebzüge: „Darauf sind wir etwas stolz, es ist ja nicht ganz selbstverständlich, dass ein Unternehmen der öffentlichen Hand eine technologische Entwicklung dieser Tragweite auslöst.“

Für das Netz um Bremervörde arbeiten fünf Partner zusammen: Das Gase- und Engineering-Unternehmen Linde, Alstom, das Land Niedersachsen, die Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (evb) und die LNVG.

Mit Blick auf die Antriebe ihrer Fahrzeuge hat die LNVG bereits eine  Grundsatzentscheidung getroffen: „Wir werden keine neuen Diesel-Fahrzeuge mehr kaufen“, sagt Schwabl. Allerdings – Wasserstoff ist für die Gesellschaft nicht die zwingende Alternative. Eine Elektrifizierung sei nach wie am Effizientesten. Aber, wenn die nicht absehbar sei, prüfe die LNVG neue Konzepte: „Derzeit bieten sich Antriebe mit Brennstoffzellen oder auch Batterietechnik an. Wir werden ja nach Netz entscheiden.“ 

Wonach richtet sich das? „Batterietechnik wäre vor allem für Netze interessant, in denen nur kurze Oberleitungslücken überbrückt werden müssen. Es muss eine ausreichende Möglichkeit zum Nachladen geschaffen werden oder vorhandene Oberleitungsabschnitte genutzt werden. Entscheidend für die Einsatzmöglichkeiten ist die Reichweite solcher Fahrzeuge“, erläutert Schwabl.

Das nächste Netz, bei dem sich die Frage nach dem Ersatz stellt, ist das Weser-Ems-Netz zwischen Wilhelmshaven, Oldenburg und Osnabrück. Es wird voraussichtlich 2026 neu vergeben werden. Schwabl: „Wir lassen nun untersuchen, welches Angebotskonzept dort umgesetzt werden soll. Wir prüfen auch, ob dort Brennstoffzellenfahrzeuge eingesetzt werden können.“ Bis Ende 2029 wird die LNVG alle nichtelektrifizierten Teilnetze im mittleren und östlichen Niedersachsen so verifizieren. Derzeit sind bei der LNVG noch 126 Dieseltriebwagen im Einsatz. Die wirtschaftliche Lebensdauer der letzten Fahrzeuge endet Anfang der 2040-er Jahre.

Quelle: Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG)