Der Güterverkehr auf der Schiene hat seine Aufgaben in der ersten Phase der Corona-Krise gut gemeistert. Sowohl die Versorgung der Bevölkerung mit Alltagsgütern als auch die Bedienung der weiter produzierenden gewerblichen Bereiche konnte gesichert werden. Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE), wies darauf hin, dass „nach unserem Kenntnisstand auch weiterhin kein Lokführer unserer Mitglieder an Covid-19 erkrankt ist“ und führte dies auf die eingeführten Infektionsschutzmaßnahmen und die „prinzipbedingt sehr niedrige Kontakthäufigkeit“ im Schienengüterverkehr zurück.

Die Wettbewerbsbahnen, die bereits mehr als die Hälfte des deutschen Schienengüterverkehrs und einen noch größeren Anteil im konsumgüterrelevanten „Kombinierten Verkehr“ in Deutschland abwickeln, mussten neben zahlreichen organisatorischen Problemen – von der Kinderbetreuung bis zum ungehinderten Grenzübertritt – schon im März im Schnitt deutliche Verkehrsrückgänge verkraften. Einer heute in Berlin veröffentlichten Umfrage unter den NEE-Mitgliedern zufolge lag im März der Rückgang bei den meisten Unternehmen zwischen 10 und 20 Prozent der Leistung. Bei den auf bestimmte Regionen oder Segmente spezialisierten Unternehmen ergaben sich Abweichungen – von im Einzelfall minus 60 Prozent bis zu unveränderten Transportleistungen. Alle Befragten gingen davon aus, dass die Leistung im April weiter abnimmt. Neben der Lage im produzierenden Gewerbe wurden als Grund dafür auch die verstärkt wirksamen Dumpingpreise genannt, die im Straßengüterverkehrsgewerbe selbst für ruinösen Wettbewerb sorgen, aber auch Verkehre von der Schiene auf die Straße rückverlagern. In sehr geringem Umfang wurde auch über Preisangebote unter Kosten im Schienengüterverkehr selbst und in wachsendem Umfang von Nachverhandlungsdruck von Seiten der Verlader berichtet.

Kerkeling: „Hier muss die Regierung eingreifen. Wir schlagen vor, eine Preisbeobachtungsstelle einzurichten, mit deren Erkenntnissen Dumping verhindert werden kann. Dumping geht mittelfristig zu Lasten des Wettbewerbs und kurzfristig auf die Knochen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Noch, so das Ergebnis der Umfrage, seien die Unternehmen in ihrer Existenz nicht gefährdet, allerdings müssen nach Kerkelings Auffassung weitere Instrumente der Regierung zügiger geprüft und auf die speziellen Bedingungen angepasst werden. Es müsse ein nachhaltiger Einbruch des Schienengüterverkehrs verhindert werden, wie er sich nach der Finanzkrise 2009/10 über mehrere Jahre durch die unternehmerischen wie auch die verkehrspolitischen Bilanzen gezogen hatte.

Kerkeling: „Wenn wir im Einklang mit den Klimaschutzzielen bis 2030 einen Marktanteil der Schiene von mindestens 25 Prozent erreichen wollen, müssen staatliche Hilfen jetzt auch gezielt investiert werden, um die Branche fitter zu machen.“ Konkret fordert der Verband, dass für etwaige Bundesmittel, die „on top“ auf die Abdeckung steigernder Defizite der staatseigenen DB Cargo möglicherweise gezahlt werden sollen, eine „1:1-Regel“ angewandt wird. Kerkeling: „Für jeden Euro an DB Cargo muss ein weiterer Euro für Modernisierungsinvestitionen oder eventuell ebenfalls notwendige unternehmenssichernde Defizitausgleiche bei den Wettbewerbsbahnen“ zur Verfügung gestellt werden.“ Auch eine diskutierte „Asset-Gesellschaft“ des Bundes für Fahrzeuge der staatlichen DB (und ggf. der Lufthansa) müsse im Sinne eines fairen Wettbewerbs interessierten Wettbewerbsbahnen offenstehen, um Liquidität zu schaffen.

Es sei sehr bedauerlich, dass sich das Bundesverkehrsministerium zu dem vor nunmehr drei Wochen erstmals vom Verband vorgetragenen Vorschlag, als Soforthilfe die Trassenpreisförderung temporär zu verdoppeln, noch immer nicht positioniert habe. Kerkeling: „Wegen der geringeren Zugzahlen würden dafür möglicherweise nicht einmal zusätzliche Bundesmittel benötigt, aber die sofort wirksame Maßnahme könnte den Sog von Ladung auf die Straße bremsen.“

Quelle: NEE; Foto: Pixabay